Eines ist gewiss, auf eine Krise folgen immer auch Zeiten neuer Möglichkeiten. Gibt es Ideen, wie das Geschäftsmodell in so herausfordernden Phasen angepasst werden muss? Existiert eine gänzliche neue Geschäftsidee, die zur Umsetzung gebracht werden soll? Dann gilt es diese Zeit jetzt, als Chance zu nutzen. Denn beides ist aktuell gefragter denn je! Die derzeitigen Marktaussichten für 2021 und ihre Folgejahre – deren Budgetierung kurz vor der Tür steht– brauchen die finanzielle Einschätzung für das vorhandene oder neu zu etablierende Geschäftsmodell.

Besonders ist, dass die Marktchancen derzeit– auch für bereits etablierte Geschäftsmodelle –einer Start-up-Phase ähneln. Eine Antwort auf die vorherrschende Frage, ob mein Produkt oder mein Leistungsangebot gekauft wird, kann aktuell niemand mit Sicherheit geben. Es ist eine Einschätzung der Zukunft, eine Annahme, ein Wunschdenken im Stadium der Budgeterstellung, die getroffen werden muss.

Die Balance zwischen Neuorientierung und Sparkurs finden

Ausgeklügelte Rechen- und Zahlenwerke dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei den Umsatzzahlen nur um Annahmen handelt. Die Kostenansätze sind im Gegensatz dazu real. Und genau hier liegt die Herausforderung der derzeitigen Marktsituation. Der bewährte kaufmännischer Ansatz dafür ist: Alle Kosten runter! Das ist auch wichtig, da so Risiken minimiert werden. Denn Kosten sind nicht fiktiv. Durch ihr Einsparen bleibt am Ende des Tages echtes Geld in der Kassa übrig.

Aber, das ist nicht die alleinige Lösung in einer wirtschaftlich schwierigen Phase. Bleibt es beim Kosten einsparen, geht das Geschäft automatisch in einen Winterschlaf. Die derzeitigen Kurzarbeitsregelungen laden dazu ein. Die Reduktion des geschäftlichen Treibens auf ein Minimum, das Warten auf bessere Zeiten, war eine wichtige Phase, um den Lockdown zu überstehen. Jetzt aber muss auf der Topmanagementebene wieder Schwung ins unternehmerische Treiben kommen! Dafür sind diese beiden Phasen in Einklang zu bringen:

1.      Innovation und Neuanfang

Wieder mehr Leben in das geschäftliche Treiben zu bekommen ist jetzt oberstes Gebot. Das Topmanagement ist in dieser Phase besonders gefordert. Jeder zündende Gedanke zählt: eine geschäftsträchtige Idee, eine Lösung zur erfolgreichen Weiterentwicklung, eine Vision für neue Märkte und Produkte. Eine intensive Start-Up-Zeit ist angebrochen, die von Kreativität und Innovationskraft lebt. Die Hauptzutaten einer Schöpfung im wahrsten Sinn des Wortes. Da passt die Energie des Winterschlafs nicht dazu, sondern vielmehr das Gegenteil: Aufbruch und Neuanfang!

2.      Monitoring und Sparkurs

Gleichzeitig müssen natürlich Kosten eingespart und auf Effizienz und Nutzenstiftung Rücksicht genommen werden. Die große Herausforderung besteht darin, diese beiden konträren Energien in einem Unternehmen zu balancieren: Während das operative Geschäft ruht, ist das Topmanagement intensiv mit der Neuorientierung beschäftigt. Während die einen auf Sparflamme fahren, brodelt bei den anderen die Versuchsküche.

Ein gelungenes Beispiel für die Integration beider Energien ist die Textilindustrie. Die kreativen und produktiven Köpfe leben diese Parallelität seit langem vor: Während die bestehenden Produkte verkauft werden, produzieren die anderen bereits die Kreationen der nächsten Saison. Während die Winterware verkauft wird, laufen die Bestellungen für die Sommerware und die Entwürfe für die kommende Wintersaison entstehen. Genau in diesem Sinne sind derzeit in allen Branchen die Aktivitätsenergien in vielfältiger Weise gefordert.

Jeder Neuanfang braucht Unterstützung

Das Risiko, dass diese Unterschiede falsch angeglichen werden ist hoch. Wird etwa gänzlich gespart, gibt es kein Budget für die Neuanpassung. Damit ist das Ende von Innovation und Kreativität, das Ende für neue Geschäftsideen, das Ende der Geschäftstätigkeit vorprogrammiert. Die Periode des Winterschlafs wird wieder eingeleitet.

Es braucht daher Unterstützung in Form von mentaler Kraft. Sie trägt die Idee und lässt den zündenden Funken an die Unterstützer und Kunden überspringen. Es braucht aber auch physische Kraft in Form von Geld, die die Idee zum Leben erweckt. Unternehmertum ist Schöpfung und Neuausrichtung, nicht Stillstand und Winterschlaf.

Volle Vision voraus

Werden neue Wege beschritten, begibt man sich immer auf unwegsames Gelände. Die Unternehmerpersönlichkeit kann mit dieser Ungewissheit umgehen, die Buchhalterseele ist skeptisch und neigt zum Überwintern. Die Neuausrichtung braucht selbstverständlich ein kalkuliertes Risiko. Sie muss einer möglichst realen Erfolgsprüfung unterzogen werden. Wichtig ist, beide Energien in der richtigen Reihenfolge zu nutzen: Zuerst die Kraft der Vision und wenn sich daraus ein konkreter Gedanke formiert, dann erst die Kraft des Realitätschecks! Denn müssen Lösungsideen zu früh kritischen Prüfungen standhalten, versiegt die Quelle der Innovation.

Austausch im Netzwerk

Im Topmanagement muss daher jetzt die volle Kraft in die Lösungsfindung fließen. Dafür gilt es weg vom Alltag zu gehen. Das heißt, unbedingt raus aus dem eigenen Büro oder den Geschäftsräumen, rein in ein inspirierendes neues Umfeld. Eine Umgebung mit anregenden und unterstützenden Persönlichkeiten, die entweder im selben Modus der Ideenfindung sind, oder diesen Zustand wohlwollend unterstützen. Der Austausch im Netzwerk hilft, um sich von fremden Ideen anstecken zu lassen und diese in einem Coachingsetting weiterspinnen, ausbauen und wachsen zu lassen.

Bis sich Ideen so verfestigt haben, dass ein Prototyp auf dem Tisch liegt, können drei bis sechs Monate vergehen. Daher ist der Herbst die beste Gelegenheit sich im Topmanagement mit den übernächsten „Kollektionen“ zu beschäftigen. Während das Mittelmanagement mit der Herstellung und Auslieferung der aktuellen Ware beschäftigt ist. Beide Aktivitäten sind wichtig! Fatal ist nur, wenn in dieser Zeit auf allen Ebenen eingespart wird. Dann ist das Unternehmen nicht zukunftsträchtig ausgerichtet und in den Regalen stapeln sich die Ladenhüter der vergangenen Saison.

Hinweis: Bei personenbezogenen Bezeichnungen wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Bezeichnung gewählt.