Was passiert üblicherweise, wenn Change Projekte ausgerufen werden? Entweder wird die Organisation verändert – Abteilungen werden zusammengelegt, Aufgaben outgesourct, das Unternehmen verkauft und Prozesse standardisiert. Oder die Digitalisierung wird optimiert – durch automatische Workflows, integrierte Systeme und Selfservice mit Apps.

Kennen wir doch alles, könnte man sagen, weil wir speziell mit letzterem ständig konfrontiert sind. Allerdings haben wir nach wie vor unsere emotionalen Schwierigkeiten mit derartigen Neuerungen. Wir gewöhnen uns nicht daran, fremdbestimmt zu sein, liebgewordene Arbeitsgewohnheiten zugunsten neuer Programme aufgeben zu müssen oder uns in neuen Strukturen mit neuen Kollegen wiederzufinden.

Was fällt uns so schwer an Veränderung?

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Speziell im Arbeitsprozess. Das Ergebnis, die Problemlösung, der Kunde mit seinen Wünschen stehen im Vordergrund! Da sind wir froh, wenn wir im Alltagsdruck das EDV-System blind beherrschen, mit den Kollegen eingespielt sind und die Formulare in der Ablage sekundenschnell gefunden werden. Wir wollen keine zusätzliche Energie dafür einsetzen müssen, uns in den Alltagstools neu zurecht zu finden. Hand aufs Herz, wer ist nicht aufgebracht, wenn wieder einmal das x-te Update in Windows oder Power Point, die bisherige Formatierung zerschlägt oder das vertraute Symbol für die immer wieder benötigte Funktion auf einmal wo anders „versteckt“ ist.

Wir wollen, dass uns die digitalisierte Arbeitsunterstützung ohne Aufwand selbsterklärend zur Verfügung steht. Wir wollen Veränderung, ohne dass wir sie merken. Die Welt soll bleiben wie sie ist und sich doch weiterdrehen.

Worauf kommt es nun wirklich an, wenn wir Change im großen Stil unterstützen?

Zwei Erfolgskriterien stehen für die erfolgreiche Veränderung im Mittelpunkt: Der persönliche Vorteil und die Freiwilligkeit. Viele Menschen quer durch alle Altersgruppen, haben in relativ kurzer Zeit ihr Kommunikationsverhalten drastisch verändert, indem sie auf Smartphones umgestiegen sind. Keiner hat sie dazu gezwungen, niemand hat es ihnen schmackhaft machen müssen. Wir nutzen WhatsApp, machen Fotos, durchsuchen Google und verwenden neuerdings auch FaceTime an Stelle des althergebrachten Telefonierens. Alles ein Kommunikationsverhalten, das seit den letzten 5 Jahren den ganzen Globus erfasst hat. Was für ein Change Erfolg!

Lessons Learned: Push vs. Pull

Change Vorhaben in Unternehmen brauchen daher in erster Linie einen emotionalen Impuls: Freiwilligkeit ist die angenehmere Ausgangssituation. Sie kann durch Pull-Effekte wie Statusgewinn, Entlastung und Freizeit erzielt werden. Aber auch Push-Effekte wie Vorgaben durch Anordnungen oder automatisierte Abläufe führen zu Veränderung.

Vor allem letzteres ist uns durch die jüngsten Covid-19 Vorkommnisse in guter Erinnerung. Die emotionalen Reaktionen sind unterschiedlich. Wenn wir zur Veränderung gezwungen werden, weil sie verordnet oder durch ein EDV-System vorgegeben wird, sind wir ablehnend und im Widerstand. Wenn wir eine Veränderung selbst herbeiführen können, weil wir sie uns wünschen, dann sind wir auch bereit große persönliche Anstrengungen dafür zu unternehmen. Aber selbst, wenn die Veränderung von außen aufoktroyiert ist, kann aus der Verneinung schnell persönliche Zustimmung werden, wenn wir einen persönlichen Nutzen oder Vorteil darin erkennen.

Change nur mit Nutzenstiftung

Warum sollten wir etwas verändern, wenn es uns nicht nutzt? Diese einfache Frage ist leider nicht einfach zu beantworten. Denn in Unternehmen haben wir oftmals Interessenskonflikte zwischen Unternehmenszielen und Mitarbeiterzielen. Der persönliche Eigennutzen sieht möglichst wenig Einsatz zu möglichst hohem Output vor. Gepaart mit Rahmenbedingungen, die in Summe ein angenehmes, sorgenfreies Leben ermöglichen. Ein Anspruch, der alleine durch das Arbeitsleben nicht zu bewerkstelligen ist. Diese hohe persönliche Erwartungshaltung trifft auf Unternehmensziele, die auf Gewinn gerichtet sind und das wirtschaftliche Überleben in Gegenwart und Zukunft gewährleisten müssen. Aufgrund dieser diametralen Zielsetzungen ist es nicht verwunderlich, dass Neuerungen und Veränderungen top-down verordnet statt bottom-up gewünscht werden.

Mindset Change ist der Schlüssel für erfolgreiche Veränderung

Jüngste Entwicklungen geben Hoffnung zur Annäherung. Eigenverantwortung und Selbstorganisation sind durch agile Arbeitsbedingungen im Vormarsch. Sie helfen uns, ein klareres Rollenbewusstsein auszugestalten und so berufliche von privaten Rollen und deren Ansprüchen zu trennen. In der beruflichen Rolle sind wir mit diesen neuen Eigenschaften der Unternehmerrolle und ihrer Geisteshaltung sehr nahe. Der Mitarbeiter als Unternehmer – ein bereits langjähriger Anspruch, der dadurch sukzessive eingenommen werden kann.

Was es dafür jetzt braucht sind Selbstbestimmung und Freiräume in den Rahmenbedingungen: flexible Arbeitsstationen und Arbeitszeiten, Home Office Regelungen, virtuelle Meetings, zeitgemäße Betriebsmittel, moderne Büroausstattungen. So befreien wir Mitarbeiter aus der Rolle des passiven Angestellten und machen ihn zum selbstwirksamen pro-aktiven Mitarbeiter, der von sich Forderungen nach Optimierungen und Veränderungen stellt. Möglicherweise müssen wir Hilfestellung für den Mindset Change anbieten. Denn für diesen Unternehmer Mindset braucht es Reife und emotionale Stabilität, die durch Reflexion und anhaltende persönliche Weiterentwicklung ausgebildet wird.

Coaching und Training  können dabei helfen, sich selbst und andere im Mindset Change erfolgreich zu entwickeln.

Hinweis: Bei personenbezogenen Bezeichnungen wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Bezeichnung gewählt.