In der heutigen Zeit ist es für Unternehmen offensichtlich geworden, dass qualifizierte Mitarbeitende nicht einfach mit hohen Gehaltsangeboten zu gewinnen sind. Bei unmoralisch hohen Angeboten ist ohnehin allen klar, dass eine Zusammenarbeit für beide Seiten nur von kurzer Dauer ist und sie eine Menge Unmut bei den bestehenden Teammitgliedern auslösen. Ja – es spricht sich herum, wer wie viel Gehalt erhält. Das Endergebnis ist Unzufriedenheit und keine langfristige Lösung. Aber worauf kommt es stattdessen an, um neue Fachkräfte zu gewinnen?

Eine Studie der Unternehmensberatung Horvath zeigt, dass folgende Punkte die drei top Maßnahmen der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer*innen im Kampf gegen den Fachkräftemangel sind:

  1. Flexiblere Arbeitszeitmodelle
  2. Adäquate Unternehmenskultur
  3. Leadership

Das klingt zwar vernünftig und vielversprechend, ist aber leider leichter gesagt als getan! Es bedarf Veränderungsbereitschaft, Offenheit und Mut, diese neuen Wege zu gehen – und Vorstandsmitglieder bzw. eine Geschäftsführung, welche mit Taten zeigen, dass sie das, was sie sagen, ernst meinen und mit gutem Beispiel voran gehen.

1. Flexiblere Arbeitszeitmodelle für eine breitere Zielgruppe

Die Suche nach neuen Mitarbeitenden wird oft durch die Pensionierung langjähriger Vollzeitkräfte ausgelöst. Eine clevere Lösung besteht darin, flexible Arbeitszeitmodelle zu implementieren, die auch Teilzeitkräfte ansprechen. Statt eine Vollzeitstelle zu besetzen, kann man zwei Teilzeitstellen in Betracht ziehen. Diese Herangehensweise erweitert den Kreis potenzieller Bewerber*innen, die aus verschiedenen Gründen, wie Studium, künstlerischer Tätigkeit, Kindererziehung oder einer zweiten Beschäftigung, Teilzeit arbeiten möchten. Das Motiv Faulheit gehört definitiv nicht dazu! Die effiziente und gewissenhafte Arbeitsweise dieser Gruppe sollte nicht unterschätzt werden.

Die Flexibilisierung der Arbeitszeit kann auch mit hybriden Arbeitsmodellen wie Homeoffice verbunden werden. In einem umfassenden Ansatz könnte dies sogar zu neuen Bürokonzepten führen, die von Desk-Sharing über Besprechungslounges, Cafeterias oder ansprechenden Telefonplätzen bis hin zu spezialisierten Arbeitsbereichen je nach Aufgabenstellung reichen. Dies führt zu einer grundlegenden Veränderung der Arbeitskultur, die für alle Mitarbeitenden, einschließlich der bestehenden, transparent kommuniziert werden sollte, und der Übergang prozesshaft begleitet werden sollte.

2. Die Herausforderung der passenden Unternehmenskultur

Die Suche nach neuen Fachkräften bedeutet oft den Austausch von Babyboomern (Geburtsjahrgänge 1946–1964) gegen die Generation X (Geburtsjahrgänge 1965-1979) und Generation der Millennials bzw. Y (Geburtsjahrgänge 1980-1995) sowie Generation Z (Geburtsjahrgänge 1996-2010). Dieser Generationenwechsel bringt Menschen mit anderen bzw. unterschiedlichen Erwartungen, Werten, Verhaltensmustern und Einstellungen mit sich. Keine Mitarbeiterin oder kein Mitarbeiter kann 1:1 einfach ersetzt werden. Die neue Arbeitskultur sollte sich an diese Vielfalt anpassen, um Konflikte zwischen Alt und Jung, Neu und Langjährig oder Erfahren und Unerfahren zu vermeiden.

Hier ist eine inklusive Kultur der Integration erforderlich. Dies erfordert eine bewusste Anpassung des Führungsstils und des Führungsverhaltens durch Schulungen und persönliche Weiterqualifizierungen der Führungskräfte. Coaching-Fähigkeiten und -techniken sind in diesem Zusammenhang Schlüsselkompetenzen in der erfolgreichen Führung und Integration verschiedener Mitarbeitergenerationen.

3. Die Bedeutung des Leadership-Mindsets

Eine geänderte Einstellung ist der Schlüssel zu einem veränderten Verhalten: Haltung steuert Verhalten! Das ist eine anspruchsvolle persönliche Weiterentwicklung. Hierbei geht es nicht nur um theoretisches Wissen, sondern um praktische Umsetzung und Reflexion. Etwas dazu zu lesen ist ein erster Schritt, es sich durch Reflexion und Perspektivenerweiterung zu erarbeiten, ist ein weiterer. Es auszuprobieren und zu üben ist der dritte richtige Schritt. Die Veränderung von Gewohnheiten erfordert Zeit, mindestens 12 Monate, um genauer zu sein. Leadership bedeutet, sich ständig weiterzuentwickeln und zu lernen – es ist ein lebenslanges Lernen – da sich die Bedürfnisse und Erwartungen der Generationen an Leadershipverhalten kontinuierlich verändern. Diese Weiterentwicklung ist nicht nur auf der inhaltlichen Ebene, sondern ganz besonders auf der Verhaltensebene gefordert. Ja – es bereitet Führungskräften viel Mühe, diese Persönlichkeitsentwicklung zu forcieren und zuzulassen, aber sie wird mit der Akzeptanz und Anerkennung der Teammitglieder belohnt. Sich auf bisherige Modelle, Techniken und Prozesse zu stützen ist Gewohnheit. Das eigene Denken und Handeln in Frage zu stellen und zu adaptieren ist neu. Das wurde bis dato auf der Management- und Top-Management-Ebene noch nicht in diesem Ausmaß von den Mitarbeitenden eingefordert. Haben bisher die Zahlen gestimmt und war der wirtschaftliche Erfolg gesichert, war das für den dauerhaften Verbleib in der Position genug. Für das erfolgreiche Anwerben neuer Fachkräfte ist eine stabile wirtschaftliche Lage des Unternehmens die Grundvoraussetzung. Der Umgang miteinander, persönliche Anerkennung, Wertschätzung von Leistung und Ergebnissen, regelmäßiges Feedback und Ziel- sowie individuelle Weiterentwicklungsunterstützung auf allen Ebenen sind die neuen Kriterien, denen es zu entsprechen gilt.

Führung durch Taten, nicht nur Worte

Das Management sollte also unbedingt seinen Worten Taten folgen lassen, um die Veränderungen in der Unternehmenskultur aktiv zu gestalten. Die Führungsspitze sollte mit gutem Beispiel vorangehen, um die Mitarbeitenden zu überzeugen und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Neues Leadership prägt aktiv neue Umgangsformen in der Unternehmenskultur. Wenn die Vorstandsmitglieder oder die Geschäftsführung unmissverständlich voran geht, führt kein Weg für die Mitarbeitenden im Unternehmen daran vorbei. Die große Belohnung der Mühen ist der Gewinn an neuen Fachkräften – die in Aussicht gestellte Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit wird auch Eigentümer*innen überzeugen.

Externe Unterstützung für den Wandel

Die Umsetzung dieser Veränderungen erfordert in den meisten Fällen externe Unterstützung von Business Coaches, HR-Berater*innen und Trainer*innen, die Unternehmen bei der Transformation der Unternehmenskultur und der persönlichen Verhaltensänderungen unterstützen können. Neue Unternehmenswelten benötigen die Unterstützung aller Mitarbeitenden und Führungsebenen. Dies gilt auch für die Vorstands- und Geschäftsführungsebenen. Spezielle Onboarding-Maßnahmen, begleitet von externem Business Coaching, können dazu beitragen, mögliche Kulturkonflikte zu minimieren oder zu verhindern.

Fazit

Insgesamt ist der Fachkräftemangel eine Herausforderung, die nicht allein durch finanzielle Anreize gelöst werden kann. Es erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise, die sich auf flexible Arbeitsmodelle, eine angepasste Unternehmenskultur und modernes Leadership konzentriert. Nur durch aktive Veränderungen und die Unterstützung des Managements sowie externen Coachings kann dieses Ziel erreicht werden.

 

Hinweis: Bei personenbezogenen Bezeichnungen wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Bezeichnung gewählt.