Die letzte berufliche Männer-Bastion fällt. Das Gleichstellungsgesetz von Männern und Frauen im Aufsichtsrat (GFMA-G) gilt ab 1. Jänner 2018. Von heute auf morgen wird sich nicht viel verändern. Aber es ist eine wichtige Maßnahme mit Weitblick: Der positive, strukturelle und inhaltliche Wandel der Aufsichtsräte und ihrer Funktionen lässt sich nicht mehr aufhalten – Frauen leisten hier einen wichtigen Beitrag, um die bevorstehenden Herausforderungen zu meistern. Bis die Auswirkungen der Frauenquote jedoch bemerkbar sein werden, kann es noch dauern.

Frauen-Quote nur für wenige Unternehmen verpflichtend

Das neue Aufsichtsrat-Gesetz ist an einige Bedingungen geknüpft. Es gilt nur, wenn man

  1. eine Börsennotierte Gesellschaft
  2. oder ein Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter
  3. mit mindestens 20-prozentigen Männer- und Frauenanteil in der Belegschaft
  4. und mindestens sechs Kapitalvertretern ist.

Nur wenn all diese Bedingungen erfüllt sind, muss der Aufsichtsrat aus mindestens 30 % Prozent Frauen bestehen. Schlagartig wird sich hier für Frauen aber nichts ändern: Laufende Aufsichtsrats-Mandate bleiben von diesem Gesetz unberührt und es gibt nur wenige Unternehmen in Österreich, die alle vier Bedingungen erfüllen.

Umbruch: Von Old Boy-Clubs zum neuen Berufsbild

Eine politische Maßnahme, die sich bloß in den Medien gut verkaufen lässt, ist es dennoch nicht – es ist ein kleiner, wichtiger Schritt in die richtige Richtung. „Schon in den letzten Jahren hat sich langsam aber stetig abgezeichnet, dass sich die Rolle der Aufsichtsräte ändert: Die Zeit der „Old Boy-Clubs“, die zig Aufsichtsrats-Funktionen inne hatten, um für die eigene Beratungsfirma Geschäfte zu lukrieren, um (macht-)politischen Einfluss auszuüben oder um die Beteiligungen des Mutterkonzerns zu überwachen, ist vorbei.“, erzählt Christine Hödlmayr-Gammer, Aufsichtsratsvorsitzende des gleichnamigen Familienunternehmens und erfahrener Coach von Topmanagern.

Aufgrund verschärfter Haftungsverpflichtungen und verstärkter strategischer Steuerungspflichten entwickelt sich ein neues Berufsbild des Aufsichtsrats. Die aktuellen Anforderungen sind hoch: Mehrjährige Erfahrung in Managementfunktionen gepaart mit ausgeprägten logisch-analytischen und strategischen Fähigkeiten sowie hohen sozial-kommunikativen Kompetenzen. Der inhaltliche Wandel führt auch dazu, dass ein Aufsichtsratsvorsitzender nicht mehr allein das Sagen hat. Das gesamte Gremium der Aufsichtsratsmitglieder wird miteingebunden, sodass sich in Zukunft idealerweise unterschiedliche, fachliche Wissensgebiete, wie beispielsweise BWL, Recht, Human Ressources, Sales, Technik etc., ergänzen und zusammenarbeiten.

Weibliche Aufsichtsräte verändern Struktur positiv

„Ein bunt gemischtes Gremium mit solidarischer Haltung wird gefragt sein – ohne Mind- und Cultural-Change wird es aber nicht funktionieren. Mind-Change betrifft die Haltung, mit der die Aufsichtsrolle ausgeübt wird, Cultural-Change hingegen die Art und Weise des Miteinanders und des Rollenbewusstseins der Gruppe. Vielen wird diese Umstellung schwer fallen – Coaching kann hier vieles erleichtern.“, weiß langjährige Begleiterin und Coach für Topmanager Veronika Aumaier. Neue Aufsichtsratsfunktionen fordern neue Jobkompetenzen: Weg von der operativen Steuerung, hin zum strategischen Mentor, Controller und Coach. Die Aufsichtsratsposition als nächster Karriereschritt nach dem C-Level wird bald nicht mehr Usus sein. Die strategische Begleitung wird hingegen weiter zunehmen: Themenbreite mittel- und langfristige Unternehmensziele und Strategien abstimmen und diese in Folge zu evaluieren wird sich als Kernaufgabe etablieren. Dafür ist Diversität in den Aufsichtsräten unabdingbar.

Veronika Aumaier und Christine Hödmayr-Gammer, Geschäftsführerinnen von AUMAIER & Partner Coaching GmbH, berichten aus langjähriger Coaching-Erfahrung: „Ein zusätzliches, begrüßenswertes und vor allem zeitgemäßes Merkmal wird die häufigere weibliche Besetzung in Aufsichtsräten sein. Aus unseren Erfahrungen wissen wir, dass sich durch Frauen der Perspektivenhorizont erweitern, die Beziehungskultur verändern und das Organisationsgeschick verstärken wird. Außerdem bauen sie das Leadership-Bewusstsein aus. Die wahre Herausforderung wird aber die Aufgaben- und Rollenveränderung der Aufsichtsratsfunktion sein. Die Aufsichtsratstätigkeit wird sich damit unwiderruflich und dauerhaft verändern.“

Hinweis: Bei personenbezogenen Bezeichnungen wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Bezeichnung gewählt.