Nach der Arbeit und am Wochenende werden mindestens dreimal täglich die Firmenmailbox und das Telefon gecheckt – wenn nicht ohnehin gearbeitet wird. Genauso laufen alle Urlaubstage ab. Gut, es dauert definitiv nicht lange die eigene Inbox durchzusehen oder die eigene Sprachbox abzuhören und auf die wirklich dringenden Mails oder Telefonate sofort zu antworten. Die übrigen Mails oder Anrufe werden dann manchmal doch gleich mit abgearbeitet. So dringend wären die gar nicht, aber wenn man schon dabei ist, kann man die eigentlich auch gleich erledigen. Denn in der Firma ist es dann wieder so turbulent, dass man kaum dazu kommt. Falls man gerade beim Anruf neben dem Telefon sitzt, wird natürlich auch sofort abgehoben. Wo bleibt da die Erholung fragt sich so mancher? Hat ein Manager einen ständigen Bereitschaftsdienst? Geht es eigentlich auch anders?

Berufliche Unabkömmlichkeit zu 67 Prozent selbst erzeugt

Eine Umfrage in Deutschland ergab, dass 67 Prozent der Befragten im Urlaub freiwillig für Kunden und Vorgesetzte erreichbar sind. Am häufigsten werden Anrufe entgegen genommen, gefolgt von der Beantwortung von Kurznachrichten und Mails. Nur etwa ein Viertel der Befragten zwischen 30 und 64 Jahren gibt an, auf berufliche Kommunikation im Urlaub komplett zu verzichten. Das besonders Interessante an der Studie ist, dass die Erreichbarkeit im Urlaub oft von den Befragten erwünscht ist – jedoch aber nicht vom Unternehmen.

Die meisten Unternehmen legen allen Angestellten – egal welcher Ebene – nahe, den Urlaub tatsächlich für Erholung zu nutzen und die Aufgaben komplett an Vertretungen zu übergeben. Telefonate im Urlaub kommen auch selten vom Vorgesetzten, häufiger vom Kollegen der vertritt. Warum wir uns um Unabkömmlichkeit geradezu reißen, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Einerseits gehen Digital Natives generell anders mit der Erreichbarkeit via Telefon, Kurznachricht oder Mail um. Andererseits ist für viele auch dieses Gefühl „Ohne mich geht es nicht, ich bin wichtig!“ ein besonders bedeutsames. Viele Führungskräfte definieren sich über eine erfolgreiche Performance und darüber für den Unternehmenserfolg essentiell gebraucht zu werden. Die Erkenntnis nach drei Wochen Unerreichbarkeit im Urlaub in den Job zurückzukehren und alles läuft und lief prima, löst eine psychische Identitätskrise mittleren Ausmaßes aus. Mehr dazu in Teil 2 der Reihe Unabkömmlichkeit im Urlaub.

Leid oder Freude ist abhängig von Persönlichkeit und Einstellung

Nicht nur unter den Managern finden sich Menschen, die auch im Urlaub weiter arbeiten. Auch unter den Hausfrauen und Müttern ist dies gang und gebe. Ob der oder die Einzelne darunter leidet immer da sein zu müssen, oder sich freut so gebraucht und unentbehrlich zu sein, hängt von der eigenen Persönlichkeit, Einstellung und auch von der erlebten Freiwilligkeit und Steuerbarkeit dieser permanenten Unabkömmlichkeit ab. Es kann deshalb nicht pauschal gesagt werden, dass es ungesund ist, im Urlaub seine Mails und sein Telefon zu checken. Jeder sollte für sich bestimmen, welche Phasen der Erholung dienen und wieviel Zeit für sich allein benötigt und gewünscht wird, sowie wann sich der Betroffene dann aktiv auch diese Zeit nimmt. Coaching unterstützt zu reflektieren, in welcher Form und wann Sie Ihre Auszeiten benötigen. Auch kann man lernen, sich diese zu gönnen und zu genießen und sich ohne Imageverlust abzugrenzen.

 

Hinweis: Bei personenbezogenen Bezeichnungen wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Bezeichnung gewählt.