„Alles eine Sache der Perspektive“ – so lässt es sich am besten erklären, dass es zu ein und denselben Sachverhalt unterschiedliche Meinungen gibt, die jeweils die „Wahrheit“ für sich beanspruchen. Man spricht davon, dass man durch eine bestimmte Brille auf das Thema schaut und daher zu einem ganz speziellen Eindruck oder Statement kommt. Und je nach Blickwinkel können sich diese Eindrücke oder Statements diametral verhalten. Die gemeinsame Lösung rückt in weite Ferne. Lesen Sie hier, wie Sie derartige Pattsituationen in Zukunft vermeiden können.

Die aktuelle Krisensituation als Best Practice

Zurzeit gibt es auf gesellschaftlicher Ebene mit der Corona-Pandemie ein sehr eindrucksvolles Beispiel: Schaut man durch die gesundheitliche Brille auf das Ereignis Corona, kommt man zu anderen Entscheidungen und Maßnahmen, als wenn man durch die wirtschaftliche Brille oder die des privaten Individuums blickt.

Jede „Brille“ fokussiert einen Aspekt und allein diese drei genannten Aspekte stehen im Widerspruch:

  1. Die Gesundheitsmaßnahmen schränken die Wirtschaft und das Privatleben über Gebühr ein.
  2. Die Rahmenbedingungen, die die Wirtschaft braucht, sind der Eindämmung der Pandemie und der Gesundheit des Einzelnen nicht zuträglich.
  3. Die individuellen Maßnahmen gefährden die Gesundheit aller und beeinträchtigen das wirtschaftliche Überleben.

Diese Dilemmas zeigen sich in vielen Debatten, Aussagen und Maßnahmen. Sie lassen sich trefflich gegeneinander verwenden, denn keine der drei Einzelperspektiven kann für die anderen Punkten. Pattstellung oder Enttäuschung der jeweils anderen Perspektivenvertreter sind vorprogrammiert.

Schluss mit Schwarz-Weiß-Denken

Wie schafft man es nun, aus derartigen Dilemmas erfolgreich herauszukommen? Nur indem zur Lösungsfindung alle unterschiedlichen Perspektiven eingenommen werden. Den Blick gerichtet zum Wohle eines übergeordneten, großen Ganzen. Ein unmögliches Unterfangen? Nein, keinesfalls! Denn sobald unterschiedliche Perspektiven auf ein Thema eingenommen werden, schleift sich die ursprüngliche, einseitige Lösung ab. Man kommt raus aus der schwarz-weiß Perspektive und kann die grauen Zwischentöne wahrnehmen. Die Lösungsfindung ist somit ein Prozess, der sich zwischen sämtlichen Aspekten bewegt und sukzessive eine Annäherung findet.

Das Rollenspiel zur Lösung des Dilemmas

Wie kann dieser Perspektivenwechsel nun im beruflichen Alltag genutzt werden? Dafür gibt es zwei Wege:

  1. In der Vorbereitung auf ein Gespräch werden auch die anderen Perspektiven berücksichtigt. Wie man ein Vorhaben, einen Wunsch oder einen Vorschlag vom Gegenüber wahrnehmen kann, wird vorab getestet. Das ist im einfachsten Fall durch zirkuläre Fragen zu bewerkstelligen, wie z.B. „Was würde mein Kollege/Chef/Kunde/Lieferant dazu sagen?“
  2. Oder man verwendet die intensivere Form des Platzwechsels, um sich ganz und gar auf die Position des Gegenübers einlassen zu können. Dazu werden zwei (oder, wenn es um mehrere Perspektiven geht mehrere) Sessel gegenüber aufgestellt oder zwei Blatt Papier mit dem jeweiligen Namen drauf am Boden aufgelegt. Damit hat man die Möglichkeit, aus der eigenen Position (Sessel/Bodenanker) laut seine Gedanken zu einer Sache zu formulieren und dann aus der anderen Perspektive (Sessel/Bodenanker) darauf Bezug zu nehmen.

Der beständige Wechsel zwischen den Perspektiven lässt Formulierungen überprüfen, Vorschläge testen und die Wirkung von Ideen vorwegnehmen. Man kann im Wechsel zwischen den Aspekten, die jeweils andere Position nachempfinden und so die eigene, ursprüngliche Idee oder Formulierung weiterentwickeln.

Eine „runde und ausgefeilte“ Sache entsteht, die hohe Chance auf breite Zustimmung finden wird. Und das ist in allen Verhandlungssituationen von großem Wert. Wenn die Vorbereitung alleine zu komplex ist, dann bietet sich das Business Coachingsetting zur Unterstützung an. Der praktizierte Perspektivenwechsel gehört zum Grundhandwerkszeug jedes professionellen, ausgebildeten Business Coach.

„Wenn du die Art und Weise änderst, wie du die Dinge ansiehst – verändern sich die Dinge, die du ansiehst.“ – Max Planck

Hinweis: Bei personenbezogenen Bezeichnungen wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Bezeichnung gewählt.