In Zusammenhang mit der gegenwärtigen Situation, die uns zwingt, zu Hause zu bleiben, wird immer öfter vom Lagerkoller gesprochen. Das Wort Lagerkoller beschreibt umgangssprachlich einen psychischen Erregungszustand, der durch eine zwangsweise Unterbringung auf engem Raum entstehen kann. Wie es etwa in Gefängnissen oder Kriegsgefangenenlager der Fall ist. Die Enge und der Zwang in dieser Enge zu verweilen macht uns Menschen zu schaffen. Wir sind soziale Wesen, die zwar gerne ein Miteinander haben doch gleichzeitig auch Distanz, Zeit und Raum für sich selbst benötigen. Heute mehr denn je. Gerade in einer Zeit, die geprägt ist durch Individualismus und Ich-Kultur. Jedes Kind hat im Regelfall sein eigenes Zimmer und Erwachsene wohnen meist lieber – selbst wenn sie alleine leben – großzügig im Loft, als in einer kleinen Einzimmerwohnung.

Aufatmen: Diese zwei Tatsachen geben Halt

Der Lagerkoller kann durch den Zwang und die erlebte Enge, aus der man keinen Ausweg hat, entstehen. Bei Betroffenen zeigen sich Gefühle wie Angst, Wut, Verzweiflung oder Überaktivität. Manche kippen letztendlich in eine Depression. Doch die Chancen, dem Lagerkoller zu entkommen stehen hoch, denn die gegenwärtige Situation unterscheidet sich zum Glück in zwei wesentlichen Aspekten:

1. Wir haben Familie und Bezugspersonen!

Sie sind nicht mit fremden Menschen auf engem Raum, sondern mit ihrer Familie und Lebensgefährten. Meist kennen Sie sich viele Jahre, Sie lieben sich und wollen miteinander leben. Das macht natürlich einen Unterschied. Es fällt viel leichter Menschen gegenüber tolerant zu sein die man gut kennt. Über alltägliche Macken, wie die verteilten Socken auf dem Schlafzimmerfußboden oder die offene Zahnpastatube, sieht man eher hinweg, als wenn ein Fremder genüsslich neben einem im Feldbett schnarcht.

2. Wir dürfen und können nach draußen!

Zwar sollen wir uns so wenig wie möglich begegnen und das kann selbst im Wienerwald an einem sonnigen Wochenende eine Herausforderung sein, aber vielerorts ist das in Österreich trotzdem gut möglich. Um möglichst alleine draußen zu sein, empfiehlt sich auch mal eine frühere Morgen- oder spätere Abendrunde. Wenn man bewusst darauf achtet, sollte es nirgendwo ein Problem sein, sich zwei Meter von anderen Menschen entfernt zu halten.

Das richtige Mind-Set hilft

Mit Toleranz und Freiraum den Mitbewohnern gegenüber sowie genügend Bewegung im Freien, beugen Sie dem Lagerkoller am besten vor. Beschäftigen Sie die Sorgen zu stark und wird die Situation als zu beengend erlebt. Fehlt schon am Morgen der Antrieb und begleitet sie der Gedanke „Wozu eigentlich aufstehen?“. Dann versuchen Sie bewusst gedanklich dagegen zu arbeiten. Auch in dieser Krisensituation gibt es tägliche Glücksmomente, mit den Kindern, den Kollegen, Freunden am Telefon oder in der Natur. Schaffen Sie es nicht mehr alleine, sich auf andere Gedanken zu bringen und Ihren Antrieb wieder zu entdecken, dann holen Sie sich umgehend professionelle Hilfe. Wer in eine Depression abgleitet, kommt oft schwer alleine wieder heraus. Unserer Klinische- und Gesundheitspsychologin steht Führungskräften und Fachexperten auch telefonisch oder mit Video zur Verfügung.

Hinweis: Bei personenbezogenen Bezeichnungen wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Bezeichnung gewählt.