Shut Down. Lock Down. Die Wirtschaft, die Gesellschaft und der Einzelne kamen weitestgehend zum Stillstand. Und jetzt die schrittweise Öffnung. Das zurückkehren in die Normalität vor der Krise gibt es nicht. Weder für die Wirtschaft, die Gesellschaft noch für die Einzelperson. Die Zeit läuft nicht rückwärts, Geschehenes ist nicht ungeschehen zu machen. Die alte Normalität scheint verlockend und einladend, da man sich in Sicherheit wiegen und endlich wieder bekanntes Terrain betreten könnte. Eine Welt, in der man sich ausgekannt und zurechtgefunden hat. Auch wenn vielleicht bei weitem nicht alles zufriedenstellend war. Das bekannte Übel, ist manchmal scheinbar das kleinere Übel!

Adaption und Learning

Die gute Nachricht ist: Wir haben uns weiterentwickelt, weil wir uns laufend an neue Rahmenbedingungen adaptieren mussten und damit neue Fähigkeiten entwickelt haben. Wir sind als Personen durch die Home-Office Situation autonomer, selbstorganisierter und eigenverantwortlicher geworden. Sonst hätten wir den herausfordernden Alltag – ob alleine oder mit der Familie – nicht meistern können.

Die Rahmenbedingungen der alten Normalität würden dem nicht gerecht werden. Wir könnten neu Gelerntes nicht nutzen, würden Ressourcen brach liegen lassen, würden die persönliche Weiterentwicklung stoppen. Es hätte eher den Charakter von „die alte Schulbank erneut drücken müssen“ oder „wieder ins Elternhaus zurückziehen“. Wir müssten ein altes Leben aufnehmen, dem wir entwachsen sind. Daher gilt es, die bisherigen Strukturen der geänderten Einstellung und dem geänderten Verhalten anzupassen – nicht umgekehrt. Das geänderte Mindset sprengt bisherige Strukturen und Normen.

Die Stärke des Einzelnen

Nach Corona gibt es die einzigartige und einmalige Gelegenheit, es anders als bisher zu machen. Eine neue Welt zu erschaffen: persönlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Denn diese drei Systeme überschneiden sich, bedingen sich, beeinflussen sich. Was der Einzelne tut oder unterlässt, hat Auswirkungen in der Wirtschaft und in der Gesellschaft.

Wir wissen um dieses Phänomen und diese Macht des Einzelnen. Können sie aber so selten nutzen, weil die Notwendigkeit einer gemeinsamen Weiterentwicklung, Rahmenbedingungen braucht. Entweder zwingen sie uns zu geänderten Einstellungen und Verhalten oder verlocken uns, weil sie so erstrebenswert erscheinen. Ersteres – Veränderung durch Leidensdruck – funktioniert bis dato bei der Menschheit immer wieder besser, als Veränderung durch Lustgewinn. Eine Pandemie ist eine derartige veränderte Rahmenbedingung und was sie vermag, haben wir in den letzten Wochen weltweit erlebt.

Die Umsetzung der Learnings in drei Ebenen

Die Erfahrungen zu nützen ist jetzt Gebot der Stunde, daher:

Ebene 1: Reflexion und Learning von den Mitarbeitern

Besprechen Sie mit den Mitarbeitern, welche Arbeitsroutinen sich im Alleingang ausgebildet haben und integrieren Sie diese Prozesse im Team. Evaluieren Sie, welches Arbeitszeitverhalten und welche Anwesenheitsbedürfnisse auf Basis der jüngsten Erfahrungen opportun sind. Adaptieren Sie die bestehenden Arbeitszeitregelungen und Arbeitsplatzerfordernisse. 

Es gibt ein kurzes, günstiges Zeitfenster, indem endlich Veränderungen nicht über geänderte Strukturen, sondern über geändertes Verhalten herbeigeführt werden kann.
Da könnten Führungskräfte das Gefühl haben, überflüssig zu sein und die Macht der Gestaltung aus der Hand zu geben. Springen Sie über Ihren Schatten und lernen Sie, die Wünsche der Mitarbeiter zu respektieren und zu erfüllen – sofern diese zum Wohle des Unternehmens und zu einem besseren und effizienteren Miteinander führen.

Sind Sie nahe bei Ihrem Team, hören Sie zu und arbeiten Sie mit Ihnen die vielen, vielleicht auch nur kleinen Änderungen heraus, die sich im isolierten Home-Office ergeben haben. Nutzen Sie diese Nuggets für viele, kleine abgestimmte Neuerungen. In Summe erlangen Sie dadurch eine für alle Beteiligte erfreuliche Neuausrichtung, die kein Restrukturierungsvorhaben der Vergangenheit bewerkstelligt hätte. Erhalten Sie diese Resilienz Ihrer Mitarbeiter, indem Sie zum Teamcoach werden und laufend organisatorische Anpassungen, in Abstimmungen mit Ihrem Team vornehmen. Diese Abstimmungen sollen das Arbeitsleben erleichtern und die Aufgabenstellungen in Output auf den Kundennutzen und Unternehmensnutzen fokussieren.

Ebene 2: Flexibilität im System

Nehmen Sie als Mittelmanager ihre gestalterische Aufgabe in dem Ihnen anvertrauten Fachbereich wahr. Ziehen Sie sich raus aus fachlichen – auch noch so interessanten Themen – und entwickeln Sie Ideen und einen übergeordneten Masterplan für neue Arbeitssysteme. Dazu zählen neue Arbeitsplätze, neue IT-Tools, neue Prozesse, neue Arbeitsstrukturen etc. Bringen Sie sie laufend, in kleinen Dosen und unter Beteiligung der Betroffenen, in die Umsetzung.

Schlank, flexibel, smart – zur Unterstützung der Mitarbeiter – das wird die tragende Devise. Sie merken, dass Ihnen das Gestalten von Systemen und Rahmenbedingungen nur halb so viel Freude bereitet, wie das Knacken fachlicher Nüsse? Dann erlauben Sie sich zu überlegen, ob sie nicht in einem Expertenjob mehr Arbeitsfreude haben als in einem Führungsjob. Möglicherweise ist es Zeit für einen Rollenwechsel.  Sie können mittelfristig nur reüssieren, gesund bleiben und ein erfülltes Arbeitsleben genießen, wenn ihre Vorlieben und Ihre Talente den Jobanforderungen entsprechen. Es ist nichts falsch daran, einen Schritt auf die Seite zu machen und spannende Projektaufgaben oder inhaltliche Aufgaben zu übernehmen. Es ist falsch, einen Managementstyle an den Tag zu legen, der sich auf inhaltliches konzentriert und die eigentliche Aufgabe des Organisations- und Beziehungsmanagements nicht erfüllt. Sie bremsen Ihre Experten aus und zwingen Ihren Topmanager, Ihre Führungsaufgabe mit zu erfüllen.

Ebene 3: Phasenweise Neuausrichtung

Entwickeln Sie im Topmanagement Ideen für die Adaptierung oder Neuausrichtung des Geschäftsmodelles. Das neue Kaufverhalten, die eingeschränkte Reisefreudigkeit, die gestärkte Digitalisierung – diese Auswirkungen lassen sich nicht in Summe erfassen und beantworten. Ein prozesshaftes, phasenweises Vorgehen mit Rückkoppelungsschleifen, lässt aktuelle Chancen wahrnehmen und durch die schwierige, unwegsame Zeit danach manövrieren.

Lernen Sie Demut, weil Sie die Lösungen für jetzt anstehende, komplexe Themen der Neuausrichtung alleine nicht umfassend genug betrachten und wissen können. Fangen Sie an, ihre Einstellungen zu reflektieren, zu adaptieren und auf zukünftiges auszurichten. Zeigen Sie sich neugierig, aufgeschlossen, offen, tolerant. Erlernen Sie neue Kommunikationsmuster und wecken Sie Ihre Kreativität und Begeisterungsfähigkeit.

Inspiration dafür gibt es im außen: durch Peers, durch externe Sparringpartner, durch Trendforscher, durch Self-Assessments und durch Ausbildungsinitiativen im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung. Entwickeln Sie Ihre Haltung und ihr Verhalten weiter und entfalten Sie all ihr angelegtes Potenzial. Wenden Sie Ihren Fokus als Topmanager dem gekonnten Beziehungsmanagement und Selbstmanagement zu. Stellen Sie Ihre physische, emotionale und mentale Fitness sicher und stützen Sie sie ab. Damit wappnen Sie sich für die herausfordernden Zeiten der nächsten 12-24 Monate. Die selbständigen und pro-aktiven Mittelmanager und Mitarbeiter unterstützen Sie dabei und begrüßen Ihr Agieren!

Hinweis: Bei personenbezogenen Bezeichnungen wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Bezeichnung gewählt.