Jeder Mensch besitzt mehrere Rollen im täglichen Leben. Wir wechseln fließend von der privaten Rolle als Familienmitglied, Partner oder WG-Kollege in die berufliche Rolle als Führungskraft, Kollege oder Mitarbeiter. In jeder dieser Rollen erfüllen wir andere Aufgaben und legen ein anderes Verhalten an den Tag. Für ein besseres Rollenverständnis, sollte man öfter hinterfragen – „Wer spricht jetzt gerade?“

Besonders beim Thema Führung ist ein klares Rollenverständnis essentiell. Es gibt viele verschiedene Führungsrollen und man hat sich auf die zugeteilte Rolle und deren persönliche und kommunikative Anforderungen zu sortieren. Der Führungsperson muss bewusst sein, dass sie auch in dieser Rolle zu agieren hat. Jede berufliche Rolle wird durch Aufgaben, Befugnisse und Verantwortungen umschrieben. Der Schlüssel zum Erfolg ist es, den Rahmen dieser Rolle in jeglicher Situation zu wahren. Dieser Rahmen gibt Gestaltungsmöglichkeit, ist aber auch Begrenzung zugleich.

Rollenverletzungen im beruflichen Alltag

Amtsanmaßung

Man nimmt sich eine Aufgabe oder Kompetenz, die über die Befugnisse und Zuständigkeit hinausgehen.

Somit werden Zusagen gemacht, Entscheidungen getroffen oder Aufgaben übernommen, die nicht für die Rolle vorgesehen sind. Beispiel: Ein Kollege verlässt das Team, seine Aufgaben sind von den verbleibenden Teammitgliedern zu übernehmen. Ohne sich abzustimmen, führt man von sich aus Aufgaben aus und stößt dabei die anderen vor den Kopf.

Sündenbock

Man wird zur Verantwortung gezogen, obwohl man weder dir Aufgabe, noch die Kompetenz hat.

Zusätzliche Führungsaufgaben nach dem Motto “manchen Sie einfach mal und beweisen Sie sich”, die nicht offiziell als neue Zuständigkeit deklariert werden, sind ein Wandern auf schmalem Grat! Denn wenn alles gut geht, gehören die Erfolge meist jemand anderem. Wenn etwas schief geht, ist der “Anfänger” schuld. Typische Missverständnisse in Bezug auf Aufgabenverteilung, die durch mangelnde Kommunikation oder Struktur entstehen.

Frühstücksdirektor

Man hat auf dem Papier Aufgaben und Verantwortung aber keine Kompetenzen mehr.

Man wird von der offiziellen Information ausgeschlossen, weil Daten nicht mehr zugänglich sind. Es werden keine Einladungen zu Meetings mehr ausgesprochen. Man trägt nur mehr ein schönen Funktionstitel, unternimmt aber keinerlei zielgerichtete Aktivitäten, die dem Team, der Abteilung oder dem Unternehmen dienen. Man bleibt außen vor und kann als Rolleninhaber keinen Beitrag mehr leisten.

Wie geht man mit diesen Rollenverletzungen um?

Die Lösung für alle drei Fälle liegt darin, zuerst mit der eigenen Führungskraft das Gespräch zu suchen. Mit dessen Unterstützung im Gepäck kann man in Folge gemeinsam mit dem Team eine klare Aufgaben-/Kompetenzverteilung finden. Dann erst lässt sich der dafür passende Teil der Verantwortung bestimmen, abstimmen und übertragen. Unumgänglich sind daher die kurzfristigen, regelmäßigen Daily‘s oder Weekly‘s und der abgestimmte Aufgabenbereich samt Entscheidungsrahmen. Nur wenn das Aufgabenportfolio abgestimmt ist, ist der Rolleninhaber auch bereit die Verantwortung zu übernehmen.

Woran merkt man, dass sich jemand nicht an seinen Rollenrahmen hält?

In erster Linie durch Emotionen. Wenn Meinungsverschiedenheiten in Streit ausarten, durch unpassende Aussagen „unter der Gürtellinie“, durch die man versucht sich durchzusetzen und das eigene Ego zu bedienen.

Das größte und weit verbreitetste Missverständnis in diesem Zusammenhang ist, zu glauben, dass man immer “ganz ich selbst” zu sein hat, um echt zu wirken. Dem entspricht die Aussage: “so bin ich halt” oder auch emotionale Regungen wie Weinen oder Schreien im Büro. Kein Ausdruck ist passend: die verbale Aussage weist auf fehlende Bereitschaft zur persönlichen Weiterentwicklung hin. Die emotionale Regung auf fehlendes Vermögen der Emotionsregulierung. Dies bedeutet, nicht in der Lage sein die jeweilige Rolle mit dem richtigen Ausmaß an Emotion zu beleben, sodass man authentisch und glaubhaft wirkt, aber trotzdem in der Rolle agiert.

Welche Bedeutung hat Rollenverständnis nun für die Führungskraft?

Als Führungskraft ist man Vorbild für klares Rollenverständnis im Team. Verhält man sich daher selbst nicht entsprechend seiner Rolle, bringt man Unsicherheit ins Team und weitere Rollenverletzungen, wie oben beschrieben, sind die Folge.

Gerade als Führungskraft ist diesem Teil der Rollenausübung verstärkt Aufmerksamkeit zu schenken. Denn so wie das erforderliche Wissen ständig weiterzuentwickeln ist, um dauerhaft up-to-date zu sein, braucht es auch eine ständige Bereitschaft zur persönlichen Weiterentwicklung. Nur so kann man in herausfordernden Zeiten ruhig und gelassen, leidenschaftlich und mitreißend, empathisch und mitfühlend sein. Persönliche Bewertungen und Ansichten müssen manchmal außen vor bleiben, da die übertragene Rolle sie nicht enthält.