Wir gehen derzeit auf Grund der Coronavirus-Pandemie durch eine kollektive Krisensituation. Diese Krise läuft wie andere Krisen in fünf Phasen ab, über die äußeren Umstände haben wir wenig Kontrolle. Doch mit Akzeptanz der Situation als solche und einer bewussten und reflektierten Herangehensweise können wir uns von Phase zu Phase hanteln, um letztlich gestärkt daraus hervorzugehen.

Phase 1: Verleugnung, Realisierung

Wir alle benötigen unsere Zeit um die aktuellen Ereignisse zu verarbeiten – wie lange, ist von Person zu Person unterschiedlich. Einige leben noch so weiter wie bisher, weil es ihnen Sicherheit gibt, auch wenn die gewohnte Struktur schon ein paar Veränderungen unterliegt. Sich jetzt beschäftigt zu halten ist grundsätzlich nicht schlecht, aber man sollte die richtige Dosis finden. Aktivität und Ablenkung sind hilfreich um die Krise zu bewältigen, ziellose Beschäftigung zur Realitätsflucht ist jedoch kontraproduktiv.

Realitätsflucht verhindert nämlich, dass man sich mit der Situation und sich selbst auseinandersetzt. Dafür muss man gar nicht zu Medikamenten, Alkohol oder Drogen greifen – auch ein Serienmarathon eignet sich hervorragend zur Realitätsflucht. Dabei ist eine kleine Auszeit auf Netflix durchaus entspannend, aber man sollte für sich die goldene Mitte finden: Wann reflektiere ich bewusst die momentane Situation, und wann gönne ich mir ein bisschen Entspannung? Durch eine bewusste Auseinandersetzung können wir in Phase 2 voranschreiten. Die ist mühsam, aber nötig um die Krise zu bewältigen.

Phase 2: Negativ emotionale Phase

Sobald man die Veränderung und sich selbst mittendrin begriffen hat, kommt die Ungewissheit. Wie lange wird es noch dauern, was muss ich noch alles mitmachen? Starke Emotionen sind die Folge – Wut über die Fremdbestimmung, Angst vor finanziellen Verlusten oder Krankheit und Sorgen um die Zukunft. Die Emotionen äußern sich unterschiedlich in uns: Die einen sind grantig, andere ziehen sich zurück, manche bekommen Schlafstörungen. Hier ist es wichtig, den negativen Emotionen die eigene Handlungsfähigkeit gegenüberzustellen.

Fokussieren Sie sich gedanklich aufs Hier und Jetzt und fragen Sie sich: „Was kann ich jetzt im Rahmen meiner Möglichkeiten tun?“ Versuchen Sie, unveränderliche Dinge zu akzeptieren und stecken Sie Ihre Energie in jene Dinge, die Sie verändern können. Egal, ob Sie bei einer gesellschaftlichen Initiative mitwirken oder einfach die Zeit nutzen wollen, um sich um lang aufgeschobene Aufgaben oder verworfene Neujahrsvorsätze zu kümmern. So erlebt man sich selbst wieder handlungsaktiv, kann kreative Lösungen entwickeln und sein Leben gestalten – und in Phase 3 kommen.

Phase 3: Bearbeitung

In dieser Phase passen wir unser Leben aktiv der Krise an. Auch wenn stetige Veränderungen Adaptionen erfordern, gelingt uns das in dieser Phase in guter emotionaler Verfassung, da wir uns selbst als wesentlich mitbeteiligt erleben. Allmählich lösen wir uns vom Leben vor der Krise und begrüßen die Vorteile im Jetzt. Vielleicht haben wir eine neue Tagesstruktur erschaffen oder neue Hobbys und Gewohnheiten, die wunderbar von zu Hause ausgelebt werden können.

Mit neuer Lebensenergie entwickeln wir kreative Lösungen, um Wege aus der Krise zu finden und trotz Einschränkungen des öffentlichen Lebens ein Miteinander zu finden. Wir haben die Erfahrung gewonnen, veränderte Umstände zu bewältigen und mit Einschränkungen gut leben zu können. Das klingt schon nach Happy End, doch in vielen Krisen folgt Phase 4 – zu leicht will es uns eine Krise schließlich auch nicht machen.

Phase 4: Erlebtes Versagen – Depression

Hier kann es zu einem Rückfall kommen. Nämlich dann, wenn die Lösungen nicht greifen, die in Phase 3 gefunden wurden, die Krise noch andauert und ihre Begleiterscheinungen in den Vordergrund rutschen – zum Beispiel verschärfte Sicherheitsvorkehrungen des Staates, die uns immer weiter einschränken. In dieser Phase hat man das Gefühl, dass alles bisherige Bemühen umsonst war und doch kein Weg aus der Krise führt.

Um aus der Abwärtsspirale herauszufinden hilft es, zurückzuschauen auf alles, was sich bisher bewährt hat. Halten Sie inne und fragen sich: Was ist mir gelungen, welche Fortschritte habe ich trotzdem gemacht, und worauf kann ich aufbauen? Nehmen Sie Ihre Ressourcen wahr und erkennen Sie an, dass auch diese Phase endet.

Phase 5: Akzeptanz – Neuanpassung

Sobald man nach Phase 4 wieder Ressourcen sieht und sich aufmacht neue Pläne zu schmieden, die Freude im gegenwärtigen Leben zu suchen und neue Ziele zu finden, ist die Krise bewältigt. Man hat die Veränderung akzeptiert und kann sich den neuen Gegebenheiten nun gut anpassen.

Doch die Dauer einer Krise macht es uns oft schwierig, in Phase 5 zu kommen. Wenn die Krise durch externe Faktoren lange andauert und immer neue Einschränkungen mit sich bringt, lässt uns das insbesondere zwischen den Phasen 1 und 3 immer wieder hin- und herpendeln. Phase 5 ist oft erst möglich, wenn die externen Faktoren einer Krise ein Ende finden. Derzeit ist es jedoch nicht absehbar, wie lange die Pandemie noch andauert. Daher kann es hilfreich sein, sich vorab auf ein mehrmaliges Durchlaufen der Phasen 1 bis 3 einzustellen, um mit ihnen reflektierter umgehen zu können und das Ziel der Krisenbewältigung im Blick zu behalten.

Ein reflektierter Blick von außen kann helfen, sich in der Krise zu verorten, Maßnahmen aufzuzeigen und ein eigenes Instrumentarium zur Krisenbewältigung zu entwickeln. Auch in dieser Krise unterstützen wir Sie deshalb mit Coaching im Krisenmanagement. Natürlich sind wir auch in allen Coachingfragestellungen online mit Video-Chat oder Telefon für Sie da.

Hinweis: Bei personenbezogenen Bezeichnungen wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Bezeichnung gewählt.