Unser aktuelles Führungsvorbild wird oft mit Begriffen wie Leuchtturm, Fels in der Brandung, Kapitän auf der Brücke, General in der Kommandozentrale etc. bezeichnet. Dieses Bild wird im Krisenmodus dieser Tage, auf ganz besondere Art und Weise von offiziellen Vertretern der Gesellschaft vorgelebt, betont und unterstrichen.

Bei Gefahr in Verzug, zählen Befehlston, klare Ansagen und knappe Kommandos! Nur wenige wissen, was zu tun ist und geben top-down das richtige Verhalten vor. Von allgemeinen Regeln bis hin zu detaillierten Vorschriften und Einschränkungen. Wir widersprechen nicht, sondern folgen, weil es doch – so sagt man uns – zum Wohle aller ist. Das aktuellste Beispiel ist auf gesellschaftlicher Ebene, das Vorgehen der Regierungsmitglieder in der Covid-19 Krise in vielen Ländern der Welt. Die Bevölkerung hat dies über 8 Wochen und mehr erlebt und sich darauf eingestellt. Was anfangs gut funktionierte und bei vielen Menschen Lob und Anerkennung auslöste, kippte ab einem gewissen Punkt: die Menge wird aufmüpfig, kritisch, unzufrieden. Die Bevölkerung teilt sich in Befürworter und Kritiker, die sich in den sozialen Netzwerken hitzige Wortgefechte liefern.

Dieser Führungsstil und seine Auswirkungen, lassen sich vergleichsweise auch auf der betrieblichen Ebene betrachten – und ja, die Phänomene würden sich analog auch in familiären Strukturen zeigen. Was ist passiert und wie könnte man den Meinungsumschwung vermeiden?

Vorteile des autoritären Führungsverhalten

Wenn es klare Ansagen in Krisensituationen gibt, dann wird den Anordnungen Folge geleistet. Wichtig ist bloß, dass allen die Gefahr deutlich vor Augen geführt wird. Wie etwa bei einem Feueralarm im Gebäude, wenn es Rauch oder Brandgeruch gibt, oder bei einem Rettungseinsatz, wenn es kaputte Autos und Verletzte gibt. Je deutlicher der Einzelne die Bedrohung für sich selbst wahrnimmt, umso williger ist er, den Anweisungen zu folgen. Alle kennen das Phänomen, dass bei einer Räumungsübung im Bürogebäude der Ablauf fehlerhafter und schleppender vor sich geht. Jeder Einzelne ist hier mangels des bedrohlichen Ernstfalles, viel geringer motiviert den Aufforderungen Folge zu leisten.

Autoritäres Führen ist wegen seiner schnellen und effizienten Weise kurzfristig nützlich. Und zwar solange, wie allen Betroffenen und Beteiligten klar ist, was sie warum zu tun haben. Autoritäres Führen ist besonders wirksam, wenn Abläufe, deren einzelne Aufgaben und Verantwortungen klar und eingeübt sind. Wie es etwa bei einem Feuerwehr- oder Rettungseinsatz der Fall ist. Alleine die Tatsache, dass eine Führungskraft Informationen bei einzelnen Experten einholt, um die eigene Entscheidung auf eine möglichst sachliche Basis zu stellen, oder sich bestätigt zu fühlen, bleibt dennoch autoritäres Führungsverhalten.

Nachteile des autoritären Führungsverhalten

Autoritäres Führen führt zu einem passiven Verhalten. Wenn andauernd vorgedacht und angewiesen wird, stellt der einzelne sein Kreativitätspotenzial ein. Die Betroffenen werden nicht zu Beteiligten. Im besten Fall führen sie die Anweisungen aus, im schlechteren Fall widersetzen sie sich und gehen in den inhaltlichen und emotionalen Widerstand. Heutzutage sind die Themen in allen Bereichen sehr schnell und sehr komplex. Viele unterschiedliche Einzelperspektiven und deren Aus- und Zusammenwirkungen sind einzuschätzen. Da ist ein einzelner Mensch schnell überfordert, wenn dieser über längere Zeit als Einzelregent das Kommando führt. Das freiwillige Folgen lässt sehr schnell zu wünschen übrig. Die Menschen müssten dauerhaft über Angst vor angedrohten Folgen – zum Beispiel Jobverlust – bei der Stange gehalten werden. Sie können sich natürlich auch an den bequemen Zustand des „Nichtdenken-Müssens“ gewöhnen und arbeiten im „Dienst nach Vorschrift“ Modus.

Wenn nicht autoritäres Führen, was stattdessen?

Kooperativ, situativ, Coaching. Egal welche Bezeichnung man verwendet, es geht immer um die Kunst, eine Vielfalt an Meinungen und Menschen so zu steuern, dass sie Ihre Einzellösungen auf das Finden einer tragfähigen Gesamtlösung ausrichten. Dieser Führungsstil baut darauf, dass unterschiedliche Einschätzungen auf Basis unterschiedlicher Einzelperspektiven auf ein Thema, eine breitere und validere Gesamtlösung bieten. Vorausgesetzt, jeder ist bei seinem Beitrag in der Lage, eine fachkundige Einzelmeinung, unter Berücksichtigung seiner Mitverantwortung für eine breite Gesamtlösung, abzugeben. Und diese nicht einmalig, sondern prozesshaft und fortschrittsweise. Diese vielen Einzellösungen, die jeweils auf das Erreichen des Gesamtzieles ausgerichtet sind, lassen ein gemeinsames Lernen und Reflektieren zu. So können beim Navigieren im Lösungsprozess die kurzfristigen Erfahrungen berücksichtigt werden.

Nachteile des kooperativen Führungsverhaltens

Kooperatives Führen gibt die Macht und den Status der Alleinentscheidung ab und verlegt sich auf das Steuern des Lösungsprozesses. Die Rolle des Leaders, ist gegen die weniger glänzende und im Mittelpunkt stehende Rolle des Moderators und Coaches zu tauschen. Sie braucht mehr Zeit, da sie breit Meinungen abfragt und Diskussionen zur Meinungsfindung zulässt. Doch sie gewinnt auch Zeit, weil sie die Betroffenen zu Beteiligten macht und dadurch Diskussion und Anfeindung im Nachgang vermeidet. Ihre Ergebnisse sind nur so gut, so reif und kundig, die einzelnen Meinungsbringer und deren Bereitschaft zur aktiven Mitgestaltung und Verantwortungsübernahme sind.

Fazit

Wenn Situationen brenzlig und gefährlich sind, dann ist schnelles, autoritäres Führen gefragt. Jedoch sind zeitnah und in Kürze – je nach Größe des Problems, das es zu lösen gilt – Gruppen von fachkundigen Mitstreitern zu etablieren, die im Sinne einer Gesamtlösung ihren fachkundigen Einzelbeitrag leisten. Managementteams samt deren Mitglieder sollten diese Fähigkeiten besitzen und üben. Am besten indem sie regelmäßig zusammentreffen und die Gesamtsteuerung des Unternehmens mit ihren Einzelbeiträgen mitgestalten. Das werden sie nur so lange aktiv tun, so lange sie die Bestätigung haben, dass ihre Beiträge dauerhaft und ernsthaft miteinbezogen werden und in der Gesamtlösung ihren Niederschlag finden. Speziell darauf abgestimmtes Coaching für Führungskräfte kann helfen, den für Sie und Ihre Mitarbeiter optimalen Führungsstil zu finden und auch umzusetzen.

Hinweis: Bei personenbezogenen Bezeichnungen wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit die männliche Bezeichnung gewählt.